Mein Papa ist ein Genie. Doch, wirklich. Das sag ich jetzt nicht nur, weil mein Papa mein Papa ist (und gerade hinter mir steht). Mein Papa ist ungelogen ein Genie (*Hand auf die Bibel, ernsthaft guck*). Ein Bau-Genie, um genau zu sein. Warum? Darum:

Bei seinem letzten Ausflug in “dieses Internet” landete mein Papa auf irgendeiner Website, auf der es um antike Webstühle ging. Und dort fand er auf “Seite 23” die Zeichnung eines alten Webrahmens aus dem … irgendeinem Jahrhundert halt. Nun spielten sich mehrere Dinge gleichzeitig im Kopf meines Papas ab:



“Ach?!”

“Häh?!”

“Hmm?!

“Wie???”

Die nächsten Wochen verbrachte mein Papa viel Zeit in seinem Häuschen. Das steht bei meinen Eltern im Garten und hat so ziemlich alles zu bieten, was ein Handwerkerherz höher schlagen lässt. Von draußen hörte man nur Gehämmer, Gesäge – und ab und zu auch einen deftigen Fluch. Denn, Zitat Papa: “Ohne zu fluchen kann man nix bauen!”

79 gezählte Flüche (Papa), 23 gefühlte Wutausbrüche (Mama) und drei geschätzte Stangen Zigaretten (beide) später, war er dann fertig: der Webrahmen aus dem längst vergangenen Jahrhundert, von dem Papa nur ein Bild gesehen und den er aus Resten nachgebaut hatte.

Unter anderem wurden einem alten Abtropfteil von Ikea, einem gebrauchten Kindertisch aus dem Sperrmüll, 70er Jahre Gardinenstangen aus dem Keller meiner Oma, Möbelknöpfen unseres alten Schiebeschrankes und dem Griff eines ausrangierten Gasgrills eine neue Aufgabe zugedacht.

Der erste Teppich ist inzwischen fertig. Als nächstes plant Mama anscheinend etwas ähnlich Großes, wie die Reichstagsverhüllung von Christo. Genaueres wurde mir von meinem Spitzel (Schwester) allerdings noch nicht zugetragen.

Ich kann Euch leider keine Detail-Anleitung geben, wie man so ein grandioses Stück selber baut. Und meinen Papa leih’ ich Euch auch nicht. Könnt Ihr vergessen.Webrahmen Annefaktur.de

Freundlicherweise hat der Baumeister sich aber für ein Kurz-Interview zur Verfügung gestellt.

Annefaktur: “Herr Holstein, zunächst einmal: darf ich Pabba zu Ihnen sagen?”

Pabba: “Ich bitte darum.”

Annefaktur: “Pabba, wie hoch mussten Sie sich für dieses Projekt verschulden?”

Pabba: “Es ging. Deine Mutter hat mir acht Euro Vorschuss auf mein Taschengeld gegeben!”

Annefaktur: “Ihr Webrahmen ist ein voller Erfolg, Sie haben Anfragen aus aller Welt. Planen Sie, in Serie zu gehen?”

Pabba: “Auf keinen Fall!”

Annefaktur: “Wie darf ich das verstehen?”

Pabba: “Ich baue nie etwas zweimal.”

Annefaktur: “Meine Informantin, nennen wir sie mal unverfänglich ‚Mama’, hat mir da aber etwas anderes erzählt.”

Pabba: “Ich weiß nicht, worauf Du anspielst.”

Annefaktur: “Haben Sie nicht zum Beispiel mehrere Lampen aus Weinflaschen gebaut?”

Pabba: “Das war höhere Gewalt, weil die Braunen nicht zu den Gardinen passten. Ich hatte keine Chance bei Mama. Also hab’ ich das Ganze noch mal in Grün gebaut.”

Annefaktur: „OK! Zurück zum Webrahmen. Als Ihr Werk vollendet war, was haben Sie da gedacht?”

Pabba: „Fertig, funktioniert und was nun?”

Annefaktur: “Haben Sie denn schon ein neues Projekt?”

Pabba: “In meinem Häuschen steht noch ein Elektroschweißgerät, was ich mir vor 30 Jahren mal gekauft habe. Vielleicht schweiß ich als nächstes ein paar alte Dosen zusammen. Kunst im Garten, oder so.”

Annefaktur: “Vielen Dank für das Gespräch.”

Pabba: “Gerne. Warte mal, Deine Mutter will noch irgendwas von Dir.”

Annefaktur: “Orrr, Pabbaaa. Ich kann jetzt nicht. Ich führ’ doch grad ein seriöses Interview.”

Pabba: “Na gut. Sigiiiiiiii, Deine Tochter will nicht mit Dir sprechen.”

Annefaktur: “Grummel!”