#Werbung ohne Auftrag

Eigentlich solltest Du von mir gar kein Herz bekommen. Tinder-wisch-und-weg. So geht das doch. Gucken, ob die Optik stimmt und dann den Daumen nach links oder rechts. Fertig.



Deine Optik fand ich ok. Du sahst zwar auf den Fotos nicht unbedingt aus wie mein Traumprinz, aber mir gefielen Deine Augen.

Nicht oberflächliche Gründe, warum ich nach rechts gewischt habe:

  1. Du bist Italiener. Dickes Plus!
  2. Du hattest einen lustigen Spruch unter Deinem Profil stehen, über den ich lachen musste. Es lebe die Selbstironie.

Zwei Minuten nach meinem Zustimmungswisch hast Du geschrieben. In perfektem Deutsch übrigens. Beeindruckend.

Nach zwei Stunden wolltest Du dich treffen.

Ich nicht.

Fandst Du blöd. Du hältst nichts von ewigem Schreiben. Lieber treffen und gucken, ob die Chemie stimmt.

Fand ich blöd. Weshalb immer diese Eile? Warum treffen, wenn man schon beim Schreiben merkt, dass es nicht passt?

Also haben wir Witze übers Wetter gemacht und irgendwann geschwiegen.

Du schriebst (drei Wochen später) Du würdest Tinder jetzt löschen. Wär nicht so Dein Ding und wenn ich wollte, könnte ich mich ja melden. Plus Deine Handynummer.

Da ich wusste, dass Du bald zurück nach Italien ziehen würdest (soviel Info hatten wir neben dem Wetter dann doch ausgetauscht) dachte ich mir: Was solls, wenn er blöd ist, ist er Ende der Woche eh weg.

U-Bahn Samariterstraße.

Ich weiß gar nicht so genau, was ich erwartet hatte. Zumindest nicht das.

Du standst auf der anderen Straßenseite und die dämliche Ampel wurde einfach nicht grün. Sekunden, die sich wie eine halbe Ewigkeit anfühlten.

Fuck!

Sahst Du gut aus. Willst Du mich verarschen? Modelst Du heimlich, oder was soll das?!

Meine so hart antrainierte Souveränität hatte sich innerhalb von Sekunden in die hinterste Ecke verzogen. Heutzutage ist auch echt auf niemanden mehr Verlass!

Zum Glück war es dunkel in deiner Lieblingsbar.

Wir tranken Bier und quatschten in lustigem Deutsch-Italienisch über ziemlich alles, was uns so in den Sinn kam.

Beim Reden berührten sich unsere Arme wie zufällig – und in meinem Körper fingen die Schmetterlinge ungefragt an, sich Tanzpartner zu suchen.

Tiefe Blicke. Natürlich. Denn es war eigentlich ja schon an der Ampel klar: it’s a match!

Was mir nicht klar war: wie lustig Du bist. Ich habe wirklich selten so schnell so viel mit jemandem gelacht.

Wenn Du einen bestimmten Satz besonders wichtig fandst, landete Deine Hand für den Bruchteil einer Sekunde auf meinem Bein.

Klar. Du bist schließlich Italiener. Die machen das ja so.

Wobei.

Irgendwie bist Dus auch wieder nicht. Dir fehlt das machohafte. Das hast Du nicht nötig. Du weißt schon genau, wer Du bist.

Nach dem zweiten Bier haben wir uns geküsst.

Oder besser: Ich habe Dich geküsst.

Die Schmetterlinge fegten dazu im Samba-Takt über die Tanzfläche.

Deine Lippen waren unglaublich weich. Das weiß ich noch. Wie lange wir da in der Ecke in dieser Bar saßen und die Welt um uns herum vergaßen, weiß ich nicht mehr.

Viel später, auf dem Weg zur Bahn, hast Du wie selbstverständlich Deinen Arm um mich gelegt.

Endlich mal nicht dieses krampfhaft lockere “Sex gerne, Zuneigungsbekundung bitte nicht”, was man sonst in letzter Zeit so oft erlebt. Es fühlte sich einfach richtig an, so mit Dir durch die Berliner Nacht zu laufen.

Frühlingsgefühle 2.0.

Am Bahnsteig haben wir uns wieder geküsst.

Oder besser: Du hast mich geküsst.

“Es war schön, komm gut nach Hause.”

Schriebst Du, als ich noch nicht ganz in der Bahn saß.

“Das fand ich auch. Schlaf gut.”

Schrieb ich, als die Bahn losfuhr.

Am nächsten Tag saßt Du im Flieger zurück nach Hause  – und ich löschte Tinder von meinem Handy.

 

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