Ich hatte mein Tinder-Date. Mit Stephan.

Natürlich war ich vor lauter Rumgehibbel viel zu früh aufgebrochen und schon zwanzig Minuten vor der vereinbarten Zeit vorm Restaurant. Toll, ey.



Also habe ich mich gewohnt souverän verhalten – und mich im nächstbesten Hauseingang versteckt.

Bridget Jones Style kann ich.

Dementsprechend aufgeregt stand ich da dann auch fünf Minuten doof rum.

Und lugte ab und zu ganz elegant mit langem Hals um die Ecke.

Zehn Minuten.

Fünfzehn Minuten.

Verdammt, war das kalt! Lederjacke im November war definitiv nicht die intelligenteste Wahl.

Wo blieb der Kerl?

Geil, Anne. Versetzt beim einzigen Blinddate ever. Ganz großes Kino.

Ich war gerade dabei, mich wortreich per Whatsapp bei Mascha über Verabredungen, Blinddates und Männer im Allgemeinen zu beschweren, als Stephan überpünktlich um fünf vor acht vor dem Restaurant erschien und sich suchend umschaute.

Hossa. Doch nicht versetzt!

Ich marschierte also erhobenen Hauptes aus meinem Versteck.

Zumindest optisch hatte er schon mal nicht gelogen. Stephan sah genau so aus, wie auf den Fotos. Ehrlich gesagt, hatte ich ja befürchtet, einen 65-Jährigen lüsternen Senior mit Goldkette und offenem Hemd anzutreffen, der mich mit Fotos seines heißen Sohnes geködert hatte.

Mein Gegenüber war äußerlich also schon mal das, was ich mir erhofft hatte.

Charakterlich war er sogar noch ein bisschen besser. Dieser Typ da auf der anderen Seite des Tisches war echt witzig.

Huch?!

Und interessiert.

Doppel-Huch!

Und interessant.

Trippel-Doppel-Huch!

Und hatte als Topping dazu auch noch ein ziemlich umwerfendes Lächeln.

Innerlicher Kreischalarm.

Er bestellte für uns beide. Nachdem er mich vorher fragte, worauf ich wohl Appetit hätte.

Gut erzogen, der junge Mann.

Vermutlich war er zweitberuflich Massenmörder und plante, mich erst um den Finger zu wickeln, um mich anschließend in irgendeinem Hinterhof zu verscharren. Und ich nahm, ohne es zu wissen, gerade meine Henkersmahlzeit ein.

Würde auf jeden Fall zu meinem Händchen für gestörte Persönlichkeiten passen.

Gab es nicht auch mal eine Criminal Minds Folge, wo genau so was passierte?

Oh Gott.

Gut, dass ich Caro vorher gesagt hatte, wo ich war. Mit der Ansage, die Polizei zu rufen, sollte ich mich bis morgens nicht melden. Plus Stephans Kontaktdaten.

Ungestraft sollte mich schließlich niemand einfach so irgendwo verscharren dürfen. Egal, wie gut das Abendessen auch schmeckte!

Das Date endete fünf (!) Stunden später dann doch ganz ohne Hinterhofverschleppung.

Dafür aber nach einer nächtlichen Stadtrundfahrt durch das beleuchtete Berlin bei mir vor der Haustür.

Er hat mich nämlich ganz gentlemanlike mit dem Auto nach Hause gebracht.

Vor der Tür gab es eine züchtige Umarmung und ein beidseitiges “Das war echt schön. Das sollten wir wieder machen.”

Ich bin an dem Abend auf jeden Fall gut unterhalten ins Bett gefallen.

Und egal, ob wir uns überhaupt wiedersehen. Ich hatte definitiv einen überraschend schönen Abend.

 

P.S.: Heute morgen hat Stephan geschrieben: “Danke für das nette Essen. Was machst Du morgen?”

Date Nummer 2!